Wenn es um die eigene Altersvorsorge geht, dann sind Lebens- und Rentenversicherungen noch immer des Deutschen liebste Sparform. So gab es in 2022 lt. GDV etwa 81,8 Millionen Lebens- und Rentenversicherungen.
Mit den folgenden 7 Gründen erfährst Du, warum Lebens- und Rentenversicherungen als Sparform fürs Alter absolut ungeeignet sind.
Grund 1: Die Kostenstruktur
In den Versicherungen sind natürlich Kosten enthalten, was völlig legitim ist. Auch wenn es seit dem 01.07.2008 ein Produktinformationsblatt (PIB) gibt, wo u.a. die Kosten ausgewiesen werden müssen, so sind die Kosten doch sehr intransparent.
Es werden hauptsächlich die Abschluss- und Vertriebskosten sowie die Verwaltungskosten genannt, ohne zu erläutern, wie sie sich zusammensetzen.
Im Schnitt darfst Du davon ausgehen, dass die Gesamtkostenquote bei Lebens- und Rentenversicherungen mindestens 20% deiner eingezahlten Beiträge auffrisst.
Das weiß ich deshalb so genau, weil ich sie früher selbst vermittelt habe, ohne nachzurechnen, wie hoch die Gesamtkosten eines Vertrags tatsächlich sind. Sie sind teils absurd hoch. Es prüft nur niemand.
Grund 2: Der Garantiezins
Gab es in den 90’er Jahren noch Garantieverzinsungen von bis zu 4%, so beträgt er inzwischen nur mehr 0,25%.
Leider gehen die meisten Menschen davon aus, dass der Garantiezins von bspw. 4% auf den eingezahlten Beitrag angewendet wird. Auf den Beitrag müssen aber zunächst die Abschluss- und Vertriebskosten als auch die Verwaltungskosten abgezogen werden.
Da die Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten 60 Monate eines Vertrags gleichmäßig verteilt werden, sind die Kosten in den ersten 5 Jahren entsprechend besonders hoch. Sie können in den ersten 5 Jahren bei deutlich über 40% der eingezahlten Beiträge liegen.
Zahlst Du also 100€ in eine Versicherung, so bleiben nach Abzug der Kosten nur 60€ als Sparanteil übrig. Diese 60€ werden dann mit dem Garantiezins verzinst.
Grund 3: Die Überschussbeteiligung
Neben dem Garantiezins kommt bei einer Versicherung zusätzlich noch die Überschussbeteiligung zum Tragen. Theoretisch jedenfalls.
In den 90’er Jahren gab es in der Spitze eine laufende Verzinsung (Garantie + Überschuss) von deutlich über 7%. Allerdings lagen damals auch die Kreditzinsen bei ca. 10%.
2022 lag die Gesamtverzinsung nur noch bei knapp 2,1%.
Versicherer stehen grundsätzlich vor der gleichen Herausforderung wie Privatanleger, wenn es um die Zinsen geht. Es gibt keine mehr.
Die Versicherer sind immer mehr mit der Situation konfrontiert, dass sie teils die Garantiezinsen von 3-4% schon nicht mehr erwirtschaften können. Versicherer müssen den Großteil der Kundengelder in Rentenpapiere wie Staatsanleihen investieren, da sie als mündelsicher gelten.
Für die meisten Staatsanleihen gibt es inzwischen sogar Negativverzinsungen. Bedeutet, Investoren zahlen dafür, dass sie Staatsanleihen bekommen. Da wird das ganze Prinzip der Verzinsung pervertiert.
Grund 4: Die Bewertungsreserven (stille Reserven)
Versicherungskunden müssen grundsätzlich an den Bewertungsreserven der Versicherer beteiligt werden.
Versicherer investieren in Rentenpapiere, Aktien und Immobilien. Steigt nun der Wert einer solchen Anlage, so ist der Marktwert höher als der Kaufwert.
An dieser sog. stillen Reserve müssen die Versicherten per Gesetz partizipieren. Das erfolgt immer zum Vertragsende, wenn der Vertrag zur Auszahlung kommt. In den jährlichen Informationen zum Vertragsstand wird diese Summe mitgeteilt, die aber der Höhe nach nicht garantiert ist.
Nun hat aber das BGH im Juli 2018 bestätigt, dass ein Versicherer die Bewertungsreserve massiv kürzen oder gar auf 0 reduzieren darf, wenn ansonsten die Gefahr bestehe, dass die Garantieverpflichtungen der Versicherer an seine Kunden aufgrund der Niedrigzinsphase gefährdet sein könnten.
So ist einem Versicherer Tür und Tor geöffnet, um diesen Entscheid in seinem Sinne zu nutzen, was auch seit dem mehr und mehr passiert. So bekommen Kunden oftmals deutlich weniger ausbezahlt, als auf der letzten Jahresmitteilung ausgewiesen wurde.
Wir sprechen hier je nach Vertrag von 4-5 stelligen Summen, welche Kunden dadurch weniger ausbezahlt bekommen können.
Grund 5: Die Inflation
Die Inflation wird gerade von Kundenseite oftmals sträflich vernachlässigt.
Das Ziel sein Geld in eine Lebens- oder Rentenversicherung zu stecken besteht ja gerade darin, am Ende der Laufzeit unter Berücksichtigung der Inflation, einen höheren Betrag ausgezahlt zu bekommen, als an Beiträgen eingezahlt wurde. Damit sich eine Versicherung also lohnt, muss nach Abzug von Kosten die Nettorendite größer als die echte Inflation sein.
Die offizielle Inflationsrate der letzten 30 Jahre liegt laut Statista bei 1,7%. Hier muss man u.a. berücksichtigen das der Warenkorb zur Berechnung des Verbraucherpreisindex für die Inflationsrate regelmäßig angepasst wird.
Auch wird der technische Fortschritt bei Geräten wie Handy, Fernseher und Computer eingepreist. Wenn Fernseher von einem Jahr auf das andere um 10% teuerer werden, weil es bpsw. eine neuartige Technologie gibt, dann werden die Preissteigerungen abgemildert. Statt 10% wird dann vielleicht nur mit 2 oder 3% gerechnet.
Je höher der Anteil des Einkommens für Miete, Energiekosten und Lebenshaltung ist, desto höher ist tendenziell auch der Verbraucherpreisindex. Läßt man den Warenkorb genau so wie vor 30 Jahren wäre die Inflationsrate bei 4-5%. Das kommt dem subjektiven Empfinden vieler Verbraucher schon deutlich näher. Ist aber am Ende des Tages immer vom persönlichen Verbrauch abhängig.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Nettorendite letztlich höher ausfällt als die echte Inflation ist extrem gering.
Und was passiert erst bei einer stark ansteigenden Inflation? Das Geld in der Versicherung wird wert-los.
Grund 6: Die Steuern
Wenn Du einen Vertrag vor dem 01.01.2005 abgeschlossen hast dann Gratulation. Dein Vertrag ist in der Auszahlung steuerfrei.
Hast Du eine Lebensversicherung ab dem 01.01.2005 abgeschlossen und er läuft mindestens 12 Jahre und wird erst mit 60 Jahren bzw. 62 Jahren (für Verträge ab 2012) ausgezahlt, dann ist nur die Hälfte des Ertragsanteils steuerpflichtig. Bei Nicht-Erfüllung ist der gesamte Ertragsanteil steuerpflichtig!
Konkretes Beispiel:
Du bekommst aus einer Versicherung 100.000€ ausgezahlt und Du hast insgesamt 50.000€ eingezahlt. Dann hast Du einen Ertrag von 50.000€. Davon ist nur die Hälfte steuerpflichtig, also 25.000€. Dieser Betrag wird dann mit deinem persönlichen Steuersatz von bspw. 25% versteuert. Bedeutet, dass bei 25% Steuersatz 5.000€ an Steuer entrichtet werden muss.
Wie sieht es nun bei einer Rentenversicherung bzw. einer Leibrente aus? Hier gilt die sog. Ertragsanteilsbesteuerung nach §22 EStG. Diese ist vom Lebensjahr abhängig ab dem die Leibrente bezogen wird. Wer sich bspw. mit 65 eine monatliche Rente ausbezahlen läßt, hat einen Ertragsanteil von 18%, welcher steuerpflichtig ist.
Beispiel:
Du bekommst mit 65 Jahren aus Deiner Versicherung eine lebenslange Leibrente in Höhe von 1.000€ ausgezahlt. Dann sind 18% davon, also 180€ steuerpflichtig. Diese werden dann deinen weiteren Einkünften hinzugerechnet und mit deinem persönlichen Steuersatz von bspw. 25% versteuert.
In diesem Fall wären 45€ an Steuer zu entrichten. Das mag sich jetzt vielleicht nicht nach viel ausschauen, doch sehr sehr viele Menschen sind im Rentenalter auf jeden €uro angewiesen.
Grund 7: Der Rentenfaktor
Bei einer Lebens- oder Rentenversicherung wird immer auch der sog. Rentenfaktor ausgewiesen. Der ist nur im Falle einer späteren monatlichen Rentenzahlung relevant. Er sagt aus, wieviel € monatliche Rente Du je 10.000€ Kapitalstock ausgezahlt bekommst.
Beispiel:
Nehmen wir an, Du hast in deiner Rentenversicherung 100.000€ Vertragsguthaben, welche in eine lebenlange monatliche Rente ausgezahlt werden soll. Der Rentenfaktor wäre 30. Dann würdest Du je 10.000€ Vertragsguthaben 30€ mtl. Rente erhalten. Bei 100.000€ macht das eine monatliche Rente von 300€.
Wenn Du jetzt wissen möchtest, wie lange Du Leben darfst, bis Du Dein Vertragsguthaben ausgezahlt bekommen hast, ohne weitere Verzinsung während der Laufzeit, dann teile die 100.000€ duch 300€. So erhältst Du die Anzahl der Monate, welche Du ab Rentenauszahlung benötigst, um nur wieder Dein Vertragsguthaben ausgezahlt zu bekommen.
Hier wären wir bei 333 Monaten, also 27 Jahre und 9 Monate bis das Guthaben an Dich ausgezahlt wäre.
Letztlich geht es hier um ein Langlebigkeitsrisiko. Du schließt mit Deinem Versicherer eine Wette ab, dass Du deutlich länger lebst, als die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland. Wirst Du alt wie Methusalem, gewinnst Du. Wenn nicht, gewinnt die Versicherung! Bei den meisten Versicherungen darfst Du zwischen 90 – 105 Jahre alt werden, bis die Versicherung drauf zahlt.
Rentenversicherungen sind also, verzeih mir die Ausdrucksweise, ein Mordsgeschäft für Versicherer!
In Summe zeigt die Realität, dass die tatsächlich ausgezahlte Ablaufleistung in den allermeisten Fällen dramatisch niedriger ist als die zu Vertragsbeginn prognostizierte Ablaufleistung.
Wer dann möglicherweise seine Immobilie mit einem endfälligen Darlehen versehen hatte, um es mit der Lebensversicherung zu tilgen hat nicht selten ein sehr böses Erwachen erlebt.
Lebens- und Rentenversicherungen sind absolut intransparent. Es ist nicht ersichtlich wie genau sich die Kostenstruktur zusammensetzt, und wie die laufende Verzinsung ermittelt wird. Gleiches gilt für die Überschussbeteiligung und insbesondere die stille Reserve. Du zahlst in eine „Blackbox“ ein. Berücksichtigst Du alle 7 Punkte wirst Du als Versicherungsnehmer fast immer drauf zahlen.
So bezeichnete Hans Dieter Meyer vom Bund der Versicherten bereits Anfang der 80’er Jahre eine Lebensversicherung als „Legaler Betrug“. Das Landgericht Hamburg wertete 1983 seine Aussage als zulässig!
Warum Lebens- und Rentenversicherungen nicht nur absolut unrentabel, sondern sogar extrem riskant sind, erfährst Du in einer der nächsten Artikel.
„Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!“